Intelligentes Transportsystem bringt Agilität in die Produkthandhabung

Ursprünglich für die hygienische Fertigung im Bereich Life Sciences entwickelt, bietet die leistungsfähige Plattform FlexChassis^® enormes Anwendungspotenzial auch für andere Branchen. Dazu gehören die Lebensmittel- und Getränke-, Halbleiter-, Automobil- und Batterieindustrie, E‑Mobilität sowie E‑Commerce. Ein Schlüssel dazu sei die flexible Automatisierung mit dem eXtended Transport System (XTS) von Beckhoff, sagen die Experten von JR Automation.

JR Automation^®, ein Unternehmen der Hitachi-Gruppe mit Hauptsitz in Holland, Michigan, weiß, was Flexibilität bedeutet. Durch die Bereitstellung von maßgeschneiderten Lösungen für zahlreiche Branchen entwickelte sich der Maschinenbauer und Systemintegrator aus kleinen Anfängen erfolgreich zu einem Unternehmen mit mehr 2.000 Mitarbeitern. „Wir verstehen uns als Vordenker der Automatisierung. Das heißt, wir helfen unseren Kunden, ihre Ziele zu erkennen und liefern ihnen dann die besten technischen Lösungen, damit sie diese erreichen können", sagt Shawn Smith, Vertriebsleiter bei JR Automation. „Eine Möglichkeit dafür ist unsere skalierbare, modulare Automatisierungsplattform FlexChassis, mit der wir die Markteinführungszeiten unserer Kunden verkürzen und gleichzeitig die Kosten senken.“

Die letzten Jahre stellten die Hersteller vor große Herausforderungen, und bei steigendem Druck in kritischen Kundenprojekten konnte das Team von JR Automation beobachten, wie häufig größere technische Änderungen den Projektfortschritt verzögerten. Die Notwendigkeit, die Basis einer Maschine und die Handhabungstechnik neu zu entwickeln, lenkte die Aufmerksamkeit der Endanwender oft von der Optimierung der eigenen Prozesse und Produkte ab.

Die Plattform FlexChassis dagegen ermöglicht es den Herstellern, mit einem Test- oder Pilotsystem klein anzufangen. Anschließend können sie das System mithilfe der integrierten Funktionen zur Überwachung der Gesamtanlageneffizienz und Qualitätskontrolle zügig für die Serienproduktion bereitstellen. So können sie auch später darauf vertrauen, dass sie ihre Kapazitäten unbesorgt erweitern und Prozesse anpassen oder umrüsten können.

Modularität erfüllt Kundenanforderungen

Mit 1 x 1,5 m breiten und 2,44 m hohen Standardmodulen eignet sich das System für den Anbau einer breiten Palette von Robotern und anderer Ausrüstung für verschiedene Applikationen. Die Entwickler wollten jedoch vermeiden, dass unflexible Handhabungstechnik die Modularität einschränkt. Daher suchten sie nach einer linearen Transporttechnologie, die sich immer wieder flexibel verändern lässt. Diese Fähigkeit erkannte JR Automation in dem linearen Transportsystem XTS, denn als Mitglied der Beckhoff Integrator Group (BIG) ist das Unternehmen mit den Beckhoff Technologien vertraut. „JR entschied sich für XTS aufgrund seiner Geschwindigkeit und des modularen Designs, das mehrere Konfigurationen ermöglicht“, so Mick Trompen, Technischer Leiter für Life Sciences bei JR Automation.

XTS besteht aus Linearmotormodulen mit integrierter Leistungselektronik sowie kabellosen, magnetisch gekoppelten Movern auf mechanischen Führungsschienen. Erhältlich in den verschiedensten Geometrien ermöglicht das System die Realisierung beliebiger Fahrwege in unterschiedlicher Streckenlänge als optimale Ergänzung der modularen Montageplattform. Die Mover können einzeln oder in Gruppen verfahren werden und ermöglichen eine Individualisierung des Materialflusses, z. B. durch die mehrfache Ausführung zeitaufwendiger Prozessstationen und das Überspringen von Stationen bei fehlerhaften Produkten. Die softwarebasierte Umrüstung spart zudem bei Formatwechseln Zeit und minimiert den mechanischen Umstellungsaufwand. Insgesamt ergibt sich ein äußerst flexibler und hoher Anlagendurchsatz.

„Die einfache Konfiguration und Streckenführung der XTS-Motormodule passte gut zu unserem Konzept“, erklärt David Shiles, Leiter der Steuerungstechnik bei JR Automation. „Wir übernehmen nun Montageaufgaben mit mehr Arbeitsschritten und gleichzeitig höheren Durchsatzraten als je zuvor.“ Zudem macht das kompakte, integrierte Design des XTS die mechanischen Komponenten starrer Handlingtechnologien, wie z. B. Bänder, Ketten und Rundschalttische, überflüssig. Dadurch verringert sich der Platzbedarf der Maschine in der Regel um etwa 50 %.

Leistungsstark in Steuerung und Kommunikation

Mit XTS als Basis für flexibles Produkthandling ermöglicht FlexChassis die Ausrüstung mit vielen Technologien für die Anpassung der Lösung. Die möglichen Prozessstationen reichen vom Ultraschallschweißen, Schnappverbindungen und Klebstoffauftrag bis zur Wirkstoffabfüllung und -versiegelung, Medikamenten-Handling und das Aufbringen von Labels oder Dekorationen. Eine so breite Auswahl an Robotern, Endeffektoren, Werkzeugen und Sensoren erfordert jedoch eine schnelle Kommunikation über verschiedene Industrieprotokolle. Dafür liefere die Echtzeitkommunikation mit EtherCAT die notwendige Geschwindigkeit und Konnektivität, erklärt David Shiles: „Vom Leistungsstandpunkt her ist EtherCAT für mich die erste Wahl.“ Die Offenheit von EtherCAT ist wichtig für die Anpassung an Kundenumgebungen, denn die Beckhoff Komponenten unterstützen die Kommunikation über mehr als 30 gängige Protokolle.

Highspeed-Kommunikation mit EtherCAT ist für die Steuerung des XTS und die Koordination mit Robotern und Werkzeugen unabdingbar. Ausreichend Rechenleistung dafür bietet ein Embedded-PC CX2072 von Beckhoff mit Intel^®-Xeon^®-Many-Core-Prozessoren. „Nur so ist es möglich, die notwendige Scanzeit von 250 µs für die Verarbeitung der XTS-Daten einzuhalten und andere Kerne für die SPS, Servosteuerung und Bildverarbeitung zu reservieren“, erläutert David Shiles.

Zur Programmierung der umfangreichen Funktionalität setzten die Entwickler auf die Automatisierungssoftware TwinCAT 3. Diese durchgängige Engineering- und Laufzeitplattform unterstütze eine breite Palette von Programmierstandards sowie bei zukünftigen Erweiterungen auch eine transparente Kommunikation zwischen einem Beckhoff IPC und den SPS-Systemen von Drittanbietern. Die hohe Portabilität des Codes biete außerdem Vorteile, um schneller Varianten kreieren zu können.

Dynamische Automatisierungsplattform liefert Ergebnisse

FlexChassis bietet den Anwendern bei geringem Platzbedarf eine kürzere Time-to-Market und einen hohen Durchsatz von mehr als 45 Teilen/min. Zu den Funktionen für Clean Manufacturing gehören HEPA-Filterung (Schwebstofffilter), verschiedene Reinraumklassen und eine Edelstahlkonstruktion. Zudem unterstützt die PC-basierte Steuerung intuitive Dashboards für den einfachen Zugriff der Benutzer auf die Systemdaten. „IoT und Track-and-Trace sind wichtige Funktionen, die FlexChassis für das Management der Stillstände, Qualität und Anlageneffizienz bereithält“, erklärt David Vitale, Leitender Ingenieur für Digitale Lösungen bei JR Automation. „Die Leistungsdaten werden vom System mithilfe eines lokalen Beckhoff Embedded-PC durch unsere MES-Funktionen erfasst. Derzeit werden sie in lokalen Datenbanken gespeichert, können auf Wunsch aber auch z. B. in der Cloud gehostet werden.“

TwinCAT ermöglichte die schnelle Bereitstellung des ersten FlexChassis-Systems als Demo für Kundengespräche und Messen. Die XTS-Plattform beschleunigte den Prozess durch einen intuitiven Konfigurator für die unkomplizierte Einrichtung, eine Reihe leistungsstarker Diagnose- und Visualisierungstools für eine schnelle Entwicklung – ob durch Simulation oder mit echter Hardware. „Die kostenfreie TwinCAT-Engineeringumgebung war ein weiterer großer Vorteil“, so Applikationsingenieur Chris Moritz. „Es ist erstaunlich, wie großzügig Beckhoff die TwinCAT-Lizenzierung für die Entwicklungsarbeit handhabt. 2020 habe ich die XTS-Software für ein Projekt geschrieben, als wir wegen COVID von zu Hause aus arbeiten mussten. Da ich wesentliche Teile der Maschine simulieren konnte, ohne Hard- oder Software kaufen zu müssen, konnte ich sofort loslegen, als die Komponenten verfügbar waren, und das mit minimalem Zeitaufwand für das Debugging.“

„JR Automation und Beckhoff wurden beide 1980 gegründet. Im Laufe der Jahre konnten wir uns gemeinsam weiterentwickeln und unsere Technologien so ausbauen, dass sie für unsere Kunden Wegbereiter in die Zukunft sind", sagt Shawn Smith. „Es zahlt sich aus, einen Partner wie Beckhoff zu haben. Wir sind gespannt darauf, was als Nächstes kommt und wie wir die Grenzen der Automatisierung gemeinsam erweitern werden.“