PC- und BACnet-basierte Gebäudeautomation sorgt für Effizienz und Komfort hinter historischen Mauern
In einem 110-jährigen Gebäudekomplex, direkt am Ufer des Vierwaldstättersees in der Schweiz, untergebracht, verbindet das Park Hotel Vitznau historisches Ambiente mit der Ausstattung und dem Angebot eines modernen 5-Sterne-Luxushotels. Großen Anteil daran, dass sich der komplexe Gebäudebetrieb effizient und mit maximalem Komfort für die Hotel- und Veranstaltungsgäste gestalten lässt, hat die integrale Gebäudeautomation von Beckhoff mit über 100 per BACnet vernetzten Embedded-PCs.
Nach dreieinhalb Jahren umfangreicher Renovierungsarbeiten, bei denen auch die technische Gebäudeinfrastruktur auf den modernsten Stand gebracht wurde, öffnete das Park Hotel Vitznau im März 2013 wieder seine Pforten. Die Komplexität der in vier ‚Häuser‘ unterteilten Liegenschaft – und damit auch der Gebäudeautomation – zeigt alleine schon das breite Angebot: 47 Suiten in sechs verschiedenen Themengalerien, z. B. die Musik-, Theater- und Finance-Galerie, werden u. a. ergänzt durch zwei Restaurants, sechs Weinkeller mit über 30.000 Flaschen Wein sowie einen großen Spa-Bereich und zahlreiche Veranstaltungsräume. Eingebunden ist zudem eine Arztpraxis.
Vielfältige Funktionen der Raum- und Gebäudeautomation
Die Grundlage für alle vom Schweizer Systemintegrator Panthek realisierten Funktionen im Sekundärbereich der technischen Gebäudeinfrastruktur bildet PC-based Control von Beckhoff. Angebunden an die Primäranlagen für Heizung und Lüftung sowie an das übergeordnete Gebäudeleitsystem sorgen 108 als BACnet/IP-Server und -Client arbeitende Embedded-PCs CX5010, mit Intel®-AtomTM-Prozessor (1,1 GHz), für die notwendige Datenkommunikation und Steuerung der automatisierungstechnischen Aufgaben, u. a. in den einzelnen Suiten, den beiden Hotel-Restaurants und dem Spa/Medical-Bereich sowie in den Etagenverteilern und den beiden Wetterstationen.
Im Rahmen der Raumautomation lassen sich Licht, Jalousien, Klimatisierung und Suiten-Steuerung individuell anpassen. Speziell in den Badezimmern kommt noch das Ein- und Ausschalten von Boden- und Spiegelheizung hinzu. In den Zimmern sind vorwiegend vier Lichtstimmungen, also die Lichtszenarien „dunkel“, „mittel“, „hell“ und „aus“, wählbar. Mit zusätzlichen Spezial- und Farbeffekten arbeitet man zum Beispiel in der Bar oder im Ruheraum des SPA-Bereiches. Die Licht-Ansteuerung erfolgt per DALI-Standard, der über die Busklemme KL6811 integraler Bestandteil von PC-based Control ist.
Übergeordnete Reaktionen sind über das Hotelreservationssystem möglich. So wird das Zimmer, 24 Stunden bevor der Gast eintrifft, von der Energiefreischaltung in den Komfortmodus gehoben, also beispielsweise eine angenehme Temperatur eingestellt und die Ventile der Wasserversorgung geöffnet. Das Buchungssystem – über die auf einem Schaltschrank-IPC C6920 laufenden TwinCAT Database Server und TwinCAT FIAS Server an die Steuerungstechnik angebunden – ermöglicht auch die Zusammenlegung mehrerer Suiten. Hierzu werden automatisch Verbindungstüren entriegelt sowie Telefon, Türglocke und Masterswitch entsprechend weitergeleitet.
Die Informationen der beiden Wetterstationen werden ebenfalls zentral aus-gewertet. Sie dienen u. a. dazu, bei starken Windböen die Sonnenmarkisen einzuholen und bei Regen die Fenster zu schließen. Für Individualität bleibt hierbei allerdings genügend Spielraum: Auch wenn aus Sicherheitsgründen die Horizontalmarkisen eingezogen werden, lassen sich die zusätzlich vorhandenen Senkrecht-Stores nach wie vor über die Raumautomation bedienen. Die auto-matische Beschattung der einzelnen Fassadenseiten ist eine zusätzliche Aufgabe der Wetterstationen-Embedded-PCs.
Offenheit und Flexibilität durch modulares I/O-System
Die über 100 Embedded-PCs und rund 90 Ethernet-TCP/IP-Buskoppler BK9100 erfassen im Park Hotel Vitznau ungefähr 10.000 I/O-Datenpunkte. Insgesamt sind mehr als 1600 Busklemmen daran angeschlossen. Dazu zählen zahlreiche:
- 8-Kanal-Digital-Ein- und Ausgangsklemmen (24 V DC) KL1408 bzw. KL2408,
- 1-Kanal-Universal-Dimmerklemmen (230 V AC, 600 VA) KL2761,
- 8-Kanal-HD-Analog-Eingangsklemmen KL3208 für Widerstandssensoren,
- 8-Kanal-Analog-Ein- und Ausgangsklemmen (0…10 V) KL3464 bzw. KL4408 sowie insgesamt
- 121 serielle RS485-Schnittstellen KL6041 u. a. für Modbus-Raumfühler,
- 112 EIB/KNX-Busklemmen KL6301 für Bedienelemente,
- 202 DALI/DSI-Master- und Netzteilklemmen KL6811.
All diese Informationen kommen in den jeweiligen Etagenverteilern zusammen und werden dort von den Embedded-PCs verarbeitet. So steuert ein CX5010 einerseits alle Funktionen im Korridor, wie die Legionellenschaltung zur thermischen Wasserdesinfektion, und anderseits die Verteilung des über eine Wärmepumpe gelieferte Warmwassers, das über die Decke, den Boden sowie einen zusätzlichen Gebläsekonvektor (Fancoil) für die Klimatisierung der Räume sorgt.
Die Offenheit und Flexibilität von PC-based Control zeigt sich zudem in der ein-fachen Integration mehrerer Subsysteme in die BACnet-vernetzte Steuerungstechnik: So konnten beispielsweise alle Bedientaster einfach per KNX integriert werden. Die vom Park Hotel Vitznau vorgegebenen Raumfühler – für Temperatur und Feuchte sowie zur Einstellung der Lüftung – sind über Modbus RTU ange-bunden. Die eingesetzten Audio-/Video-Systeme kommunizieren hingegen über Modbus TCP/IP mit ihrem Umfeld. All das ließ sich mit der Automatisierungssuite TwinCAT und den entsprechenden Supplements auch softwareseitig ohne großen Aufwand umsetzen. Gleiches gilt für das Hotelreservationssystem, das via TwinCAT FIAS Server und TwinCAT Database Server ein integraler Bestandteil der ganzheitlichen Gebäudeautomation ist.
Mit TwinCAT BACnet/IP ein komplexes System einfach beherrschen
Die Embedded-PCs mit TwinCAT BACnet/IP erfüllen alle Anforderungen der BACnet-Norm ISO 16484-5:2010 und bieten damit eine skalierbare Steuerungsplattform für die gewerke- und herstellerübergreifende Gebäudeautomation. Es wurden zahlreiche zusätzliche Funktionalitäten, die über die Anforderungen an BACnet-Building-Controller (BBC) hinausgehen, realisiert. Durch die Integration des BACnet-Protokolls in den TwinCAT System Manager ist die effiziente Konfiguration der I/O-Busklemmen und der BACnet-Devices mit einem Werkzeug möglich. Die Funktionalität „Automapping“ sorgt zusätzlich für komfortables Arbeiten und verkürzte Entwicklungszeit.
Umfangreiche Zusatzfunktionen ergänzen die erforderlichen Interoperabili-tätsbausteine der Beckhoff-BBC-Geräte. So lassen sich durch das dynamische Erzeugen von BACnet-Objekten auch nachträglich u. a. Zeitschaltpläne und Trendobjekte erstellen und konfigurieren. Verteilte Uhren können, mit Hilfe der unterstützten Client- und Masterfunktionen, synchronisiert werden. Für den Einsatz in weit verteilten Netzwerken wurden BACnet-Broadcast-Management-Device (BBMD)-Dienste in TwinCAT BACnet/IP eingebunden. Besonders komfortabel gestaltet sich die Integration von räumlich entfernten und Fremdgeräten im Rahmen der Client-Funktionalität.
Im Park Hotel Vitznau konnte dies optimal umgesetzt werden, zumal die Gebäudeleittechnik und die Primäranlagen von Sauter für ihre Kommunikation ebenfalls auf den BACnet-Standard setzen. Das Aufschalten der Automatisierungstechnik – so Andreas Hutter, Projektmanager von Panthek – war somit sehr einfach. Zudem sei die Anbindung per BACnet/IP viel übersichtlicher und selbsterklärender als bei einer konventionellen Modbus-TCP/IP-Kopplung. Zur Vereinfachung trage ebenfalls bei, dass bereits jeder einzelne CX5010 in sich BACnet-fähig ist.
Komfortable BACnet-Lösung mit Automapping
Großen Anteil an der Vereinfachung der Projektrealisierung hat insbesondere die Funktion des Automappings: In einer BACnet-Umgebung werden Daten immer mittels Objekten und deren Properties repräsentiert. Dies gilt für Speicherzustände (Variablen) genauso wie für Hardware-Ein-/Ausgänge und SPS-Variablen. Am Ende bedeutet dies, dass sämtliche Hardware-Klemmen des I/O-Systems sowie alle SPS-Zustände der SPS-Laufzeit, die in BACnet sichtbar sein sollen, mittels BACnet-Objekten abgebildet werden müssen. Bei TwinCAT BACnet/IP übernimmt dies komfortabel das automatische Mapping, was den Aufwand zur Verknüpfung der BACnet-Objekte deutlich reduziert. Dazu erläutert Andreas Hutter: „Für dieses komplexe Projekt haben wir wiederverwendbare Programme geschrieben. So werden die rund 60 Suiten alle über das gleiche Programm gesteuert und daher profitieren wir sehr davon, dass sich BACnet direkt im jeweiligen Programm und nicht nur zentral im TwinCAT System Manager konfigurieren lässt. Im System Manager wird lediglich das einzelne Device angelegt, alles andere geschieht über das einzelne Steuerungsprogramm.“
Einen weiteren Aspekt nennt Daniel Rothenberger, Sales Manager Building Automation bei Beckhoff Schweiz: „Dass TwinCAT BACnet/IP mit zahlreichen Funktionen und Templates das Engineering erleichtert, ist besonders wichtig, da BACnet eine etwas veränderte Philosophie bzw. Sichtweise erfordert. Während man bei der klassischen Steuerungsprogrammierung mit Real-Variablen arbeitet, so gibt es innerhalb eines BACnet-Objekts mit seinem ‚Present Value‘ noch zusätzliche Properties wie z. B. Min-/Max-Werte. Hierauf muss sich der Systemintegrator erst einmal einstellen, wobei TwinCAT BACnet/IP ihn optimal unterstützt.“