Über 200 IPCs für die sicherheitstechnische Modernisierung des Kaisermühlentunnels Wien
Die ECOexperts Automation GmbH, mit Sitz im österreichischen Tieschen, ist Spezialist für Infrastrukturlösungen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Kombination von Automatisierung und IT mit besonderem Blick auf Sicherheitsaspekte wie z. B. Cyber Security und auf weit verteilte dezentrale Anwendungen. Das Beispiel des 2.150 m langen Kaisermühlentunnels Wien zeigt mit über 200 Industrie-PCs im Einsatz, dass die modulare und fein skalierbare PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff in diesem Umfeld die optimale Automatisierungsplattform darstellt.
Bei dem Infrastrukturprojekt handelt es sich laut ECOexperts-Projektmanager Robert Reiter-Haas um eines der komplexesten Tunnelprojekte weltweit: „Die Sanierung wurde während des Betriebs ohne das vollständige Sperren des Tunnels und innerhalb der sehr kurzen Zeit von nur 18 Monaten durchgeführt. Probleme bzw. unvorhergesehene Sperren hätten zu einem Verkehrskollaps in Wien geführt. Deswegen war das Thema Anlagenverfügbarkeit eines der wichtigsten Punkte bei der Projektumsetzung. Dies konnte durch eine entsprechende Redundanzlösung basierend auf den Schaltschrank-PCs C6930 von Beckhoff und unserer Software acuradeG5 realisiert werden.“
Komplex aufgebaut und stark frequentiert
Zur hohen Systemkomplexität des Kaisermühlentunnels trägt insbesondere bei, dass neben der vierspurigen Fahrbahn noch zehn Rampen und zwei Kollektorfahrbahnen vorhanden sind. Diese stellen lüftungstechnisch eine entsprechend große Herausforderung dar, wie Robert Reiter-Haas erläutert: „Durch Zu- und Abfahrten im Tunnel ist die Entrauchungsstrategie sehr komplex, da der Rauch je nach Brandort in unterschiedlichen Richtungen gezielt abziehen soll. Dies ist bei anderen Tunneln mit nur einer Ein- und Ausfahrt, also einer vorgegebenen Strömungsrichtung, deutlich einfacher zu handhaben. Hinzu kommt, dass es sich um einen der am stärksten frequentierten Tunnel Österreichs und somit um eine Hauptschlagader im Verkehrsnetz der Stadt Wien handelt. Daher musste dieser Verkehrsweg auch während der Sanierung mit einer hohen Verfügbarkeit zu nutzen sein. Hierbei kamen die Vorteile der Beckhoff-Hardware kombiniert mit den Vorteilen unserer Software acuradeG5 zum Tragen.“
Im Zuge der 2018 beschlossenen Modernisierung wurden alle elektro- und sicherheitstechnischen Komponenten erneuert. Die Vielfalt der betroffenen Systeme verdeutlicht ebenfalls die hohe Systemkomplexität:
- Energieversorgung und Energieverteilung
- Beleuchtung (ausgeführt als stufenlos regelbare LED-Beleuchtung)
- IT-Infrastruktur
- Lüftungsanlage
- Notruf- und Brandmeldeanlage
- Videoanlage und akustisches Warnsystem
- Verkehrseinrichtungen
Offene und hochflexible Steuerungsplattform
ECOexperts setzt bereits seit 2016 auf die Steuerungstechnik von Beckhoff. Ein wesentliches Entscheidungskriterium war damals aus Sicht von Robert Reiter-Haas die Verfügbarkeit von plattformunabhängiger Hardware und die entsprechende Unterstützung seitens Beckhoff: „Ein großer Vorteil liegt in der leistungsfähigen IPC-Hardware und der umfangreichen Auswahl an I/O-Modulen. Hinzu kommt, dass durchgängig alle Beckhoff-Komponenten auch die speziellen Anforderungen im Bereich Infrastruktur hinsichtlich eines erweiterten Temperaturbereichs unterstützen. Entscheidend ist zudem die Möglichkeit, umfangreich unsere eigene Software auf den IPCs von Beckhoff installieren zu können. Gerade hierbei profitieren wir von der sehr guten Betreuung durch Beckhoff Österreich, sowohl in technischer wie auch vertrieblicher Hinsicht.“
Im Kaisermühlentunnel sind innerhalb der I/O-Ebene 104 Embedded-PCs CX9020 als Buskoppler an über 50 Stellen verteilt. Über TwinCAT OPC UA sind diese an zwölf redundante Steuereinheiten mit je zwei Schaltschrank-PCs C6930 angebunden. Angesteuert werden auf diese Weise über 7.500 digitale und über 400 analoge Signale wie z. B.:
- Schaltsignale für Leistungsschalter, Strahlventilatoren, Ampeln
- Rückmeldungen von Leistungsschaltern, Strahlventilatoren, Türkontakten, Notrufkontakten, Ampeln
- Messwerte zu Leuchtdichte, Beleuchtungsstärke, CO-Konzentration
- Sollwerte der Beleuchtungsvorgabe
Für die Verkehrstechnik wurden 81 Embedded-PCs CX2020 als Datenkonzentratoren mit speziellen Protokollen eingesetzt. Über diese IPCs werden serielle Protokolle z. B. für Wechselverkehrszeichen oder Fahrstreifensignalisierung angebunden. Dabei ist die Modularität der CX2020 in Bezug auf die seriellen Schnittstellen von großer Bedeutung. Auf allen Steuerungsebenen ist die Software acuradeG5 installiert, welche die einzelnen Ebenen per OPC UA verbindet.
Die 24 Schaltschrank-PCs C6930 mit acuradeG5 fungieren als redundante, in Form eines sogenannten Hotstandby ausgeführte Steuerungen. Sie übernehmen die komplette Anlagensteuerung, getrennt nach Richtungsfahrbahn. Als zentrales Leitsystem ist ein redundant ausgeführtes acuradeG5-System im Einsatz, das die zwölf redundanten Steuereinheiten zu einem Gesamtsystem verknüpft. In diesem Leitsystem werden die Ereignisauslösungen (Brand, Stau etc.) sowie die Verkehrsprogrammschaltungen und Lüftungsprogramme ausgeführt. Ebenso erfolgen darüber die komplette Protokollierung, verschiedene Auswertungen (z. B. Trend, Energieverbräuche, historische Datenaufzeichnung) sowie die Visualisierung. Weitere eigenständige Systeme, beispielsweise die Videoanlage, sind ebenfalls angebunden und können somit miteinander agieren.
Zu der Komplexität und den besonderen Steuerungsanforderungen resümiert Robert Reiter-Haas: „Insgesamt werden über 200.000 Datenpunkte auf dem Server verarbeitet. Für die Gesamtfunktionalität entscheidend ist vor allem die Durchgängigkeit der Softwarelösung auf allen Ebenen, die basierend auf unterschiedlichen Beckhoff-Komponenten realisiert werden konnte. Dabei profitieren wir bei der großen Anzahl der als Buskoppler eingesetzten CX9020 von dem guten Preis-Leistungsverhältnis sowie mit TwinCAT OPC UA von der OPC-UAUnterstützung und einer einfachen Adressierung. OPC UA als State-of-the-Art bringt zum einen die Sicherheitsaspekte moderner Protokolle mit. Zum anderen bedeutet es bei Inbetriebnahme und Kopplung durch die einfache Adressierung eine wesentliche Vereinfachung. Insgesamt waren Sicherheitsaspekte und Objektorientierung ausschlaggebend für die Wahl von OPC UA.“
Auf einen Blick
Lösungen für den Infrastrukturbereich
- sicherheitstechnische Modernisierung eines Straßenverkehrstunnels
Kundenbenefit
- skalierbare und leistungsfähige IPC-Technologie
- Hardwareplattform mit der Möglichkeit zur Einbindung kundeneigener Software
- gutes Preis-Leistungsverhältnis
- sichere und einfach adressierbare Kommunikation per OPC UA
PC-Control in der Anwendung
- 81 Embedded-PCs CX2020
- 104 Embedded-PCs CX9020 mit TwinCAT OPC UA
- 24 Schaltschrank-PC C6930 – ca. 3.000 EtherCAT-Klemmen