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29.05.2024

Modulare Anlagenstrukturen im Green- und Brownfield mit PC-based Control

Bestandsmodule durch MTP-Gateway und MTP-Hub flexibel integrieren

Das Module Type Package (MTP) verbreitet sich in der Prozessindustrie zunehmend, was die ersten erfolgreich umgesetzten industriellen Anwendungen verdeutlichen. Potenzielle Anwender stehen allerdings vor der Herausforderung, sich ausgiebig mit dem Standard beschäftigen zu müssen, um seine Vorteile vollständig auszunutzen. Weiterhin können die vielfältigen Anwendungsszenarien besonders im Kontext von Brownfield-Anwendungen schnell zu Unklarheiten führen. Hilfe bietet hier der nachfolgende Überblick über die verschiedenen und mit PC-based Control von Beckhoff einfach realisierbaren Umsetzungsmöglichkeiten einer modularen Anlage im Green- und Brownfield.

MTP-Anlagenstruktur im Greenfield
MTP-Anlagenstruktur im Greenfield

Die Vorteile einer schnellen Time-to-Market, kurzen Time-to-Repair-Zeiten und der wirtschaftlich rentablen Losgröße-1-Produktion können durch das MTP-Konzept vor allem im Greenfield, d. h. bei einer vollständig modular aufgebauten Anlage, erreicht werden. Bestehend aus einzelnen Process Equipment Assemblies (PEAs, nachfolgend Module), erreicht eine solche Struktur durch MTP-konforme Schnittstellen maximale Flexibilität bei gleichzeitig minimiertem Engineering-Aufwand. Eine paketierte AML-Datei beschreibt dazu dediziert alle Funktionalitäten, Einzelsteuerelemente, Kommunikationsaspekte sowie die Struktur der Module. Der überlagerte Process Orchestration Layer (POL) nutzt diese Informationen, um die herstellerunabhängige Integration der Module fast vollständig zu automatisieren und dadurch ein Plug-and-Produce-Verhalten zu erreichen. Dies umfasst neben dem Tag-Mapping auch die Generierung der Bedienoberflächen im einheitlichen Look-and-Feel. Lediglich die Orchestrierung der Funktionalitäten erfolgt beispielsweise als Schrittkettenprogrammierung manuell.

Das MTP-Konzept ist jedoch nicht nur bei Greenfield-Anlagen sinnvoll einsetzbar, sondern kann die Vorteile der automatisierten Integration in die Leitebene auch im Brownfield zur Geltung bringen. In der Praxis wird die Funktionalität der POL häufig in die bestehenden SCADA- oder Leitsysteme (DCS) implementiert. Durch ein Softwareupdate können demnach auch bestehende Anlagen die Fähigkeit erlangen, MTP-Module per Plug-and-Produce zu integrieren und somit die Erweiterbarkeit zu vereinfachen. Die entstehende Hybridarchitektur vereint die Vorteile beider Welten und kann schrittweise ausgebaut werden. Eine aufwendige Integration durch Mappingtabellen und eventuell sogar eine zusätzliche Entwicklung von Steuerungscode im DCS entfallen. Die Module können unabhängig vom Steuerungssystem eingebunden und im Bedarfsfall schnell ausgetauscht werden, um die Ausfallzeit zu minimieren. Die Größe der Module ist dabei nicht festgelegt, sondern kann je nach Anwendungsszenario variieren. So können sowohl mehrere Prozessschritte in einem größeren Modul vereint, aber beispielsweise auch im Kontext der Prozessanalysetechnik (PAT) komplexe Analysatoren standardisiert und herstellerunabhängig eingebunden werden. Das mit MTP ins DCS eingebundene Edge-Device stellt sicher, dass Analysatoren verschiedener Hersteller ohne Neukonfiguration eingebunden werden können. Möglich macht dies das standardisierte Informationsmodell für Feldgeräte in der Prozessautomatisierung – PA-DIM.

MTP-Anlagenstruktur im Brownfield
MTP-Anlagenstruktur im Brownfield

Neben der Unterscheidung zwischen Green- und Brownfield auf Anlagenebene kann diese Betrachtung ebenso auf Modulebene durchgeführt werden. Ein Greenfield-MTP-Modul besteht automatisierungstechnisch gesehen typischerweise aus den Feldgeräten, I/Os, einer Steuerung sowie optional einem Control Panel zur lokalen Bedienung. Auf der Steuerung ist ein SPS-Programm implementiert, das die MTP-Schnittstellen instanziiert sowie ein MTP-konformes Verhalten gewährleistet. Über einen integrierten OPC-UA-Server werden die Datenpunkte der POL zur Verfügung gestellt. Das Modul selbst kann wiederum aus mehreren funktionalen Einheiten bzw. Functional Equipment Assemblies (FEAs) aufgebaut sein. Ein FEA kann z. B. eine Pumpe sowie den zugehörigen Sensor zur Durchflussregelung umfassen und in verschiedenen Ausprägungen in mehreren Modulen vorkommen. Sollte eine FEA innerhalb des Moduls eine Störung aufweisen, könnte durch den vereinfachten Austausch auch hier die Ausfallzeit reduziert werden, ohne direkt das komplette Modul ersetzen zu müssen.

Module mit flexiblen funktionalen Einheiten

Nicht selten gibt es die Anforderung, dass Module in sich ebenso flexibel gestaltet sein sollen. Dies bedeutet, dass ohne Neuprogrammierung der Steuerung flexibel einzelne FEAs angeschlossen oder entfernt werden können. Diese FEAs können typischerweise IP67-Remote-I/O-Stationen mit Sensorik und Aktorik sein, die sich u. a. durch EtherCAT Hot Connect oder ähnliche Technologien flexibel einbinden lassen. Ebenso könnten smarte Geräte direkt per Ethernet-APL an das Modul angebunden werden.

Process Equipment Assemblies (PEAs) mit flexiblen funktionalen Einheiten (FEAs)
Process Equipment Assemblies (PEAs) mit flexiblen funktionalen Einheiten (FEAs)

Damit ein MTP-Modul diese proprietären Einheiten anbinden kann, muss ein fest definierter Pool an kompatiblen FEAs definiert und im Steuerungsprogramm vorprojektiert werden, wodurch die FEAs bei Bedarf sogar im laufenden Betrieb an- oder abgekoppelbar sind. Definiert man diesen Pool auf Anlagenebene können die FEAs sogar modulübergreifend eingesetzt werden. Wichtig ist, dass das übergeordnete MTP des Moduls diese inhärente Flexibilität möglichst vollumfänglich unterstützt. Dazu gibt es unterschiedliche Herangehensweisen:

  • Für jede unterstützte Konfigurationsmöglichkeit gibt es jeweils ein maßgeschneidertes MTP. Der Vorteil ist hierbei, dass die angebotenen Funktionalitäten immer exakt der Realität entsprechen. Dies ist jedoch nur für eine überschaubare Menge an Konfigurationen möglich. Des Weiteren muss nach jeder Konfigurationsänderung das passende MTP neu in der POL konfiguriert werden.
  • Bei größerer Konfigurationsvielfalt könnten die FEAs durch dedizierte Bedienbilder dargestellt werden, sodass im MTP ein Hauptbedienbild sowie pro FEA ein zusätzliches Bedienbild enthalten sind. Durch Anzeigeelemente könnte auf die derzeit gültigen FEA-Bedienbilder verwiesen werden. FEA-spezifische Funktionalitäten würden durch zusätzliche Dienste oder spezialisierte Ausführungsarten (Prozeduren) abgebildet werden. Durch Verriegelungsanzeigen kann diagnostiziert werden, ob die Dienste bzw. Prozeduren momentan ausführbar sind. Dieses Vorgehen kann jedoch dazu führen, dass das MTP zu unübersichtlich wird, da ungültige Elemente ignoriert werden müssen. Nach aktuellem Stand gibt es zudem keine Möglichkeit für dynamische Sprungmarken zwischen verschiedenen Bedienbildern, sodass der Bedienbildwechsel anhand der angezeigten gültigen Konfiguration manuell erfolgen muss.
MTP-Gateway-basierende Anlagenstruktur
MTP-Gateway-basierende Anlagenstruktur

MTP-Gateway zum Retrofit bestehender Skids

Im Modul-Brownfield ist ein klassischer Anwendungsfall, dass ein bestehendes prozesstechnisches Skid nachträglich MTP-konform umgesetzt werden soll. Ein solches Skid kann bereits über eine eigene Steuerung verfügen oder wie bei den FEAs nur eine reine I/O-Lösung darstellen. Bei einer bestehenden Steuerung gibt es häufig die Anforderung, die aktuelle Implementierung so wenig wie möglich anpassen zu müssen. Um dies zu erreichen, integriert man eine zusätzliche Steuerung als MTP-Gateway, die das bestehende Modul auf das MTP-Modell abbildet. Auf diese Weise lassen sich Informationen und Verhalten konform zum MTP-Standard bereitstellen.

Die Daten werden hierzu typischerweise über Kommunikationstechnologien wie EtherCAT, OPC UA, PROFINET oder eine ADS-Schnittstelle zwischen Gateway und bestehender Steuerung ausgetauscht. So können z. B. in der Laborautomatisierung vorhandene LabVIEW™-Controller um die MTP-Funktionalität erweitert oder Geräte über ihre serielle Schnittstelle eingebunden werden. Je nach Leistungsfähigkeit und Betriebssystem der bestehenden Steuerung kann das Gateway zudem als virtualisierte Lösung implementiert werden.

MTP-Hub zur Realisierung mehrerer Module auf einer Steuerung

Der klassische Aufbau eines MTP-Moduls beinhaltet eine Steuerung, die über einen dedizierten OPC-UA-Server die erforderlichen Daten der POL zur Verfügung stellt. Besonders im Brownfield gibt es jedoch auch diverse Anwendungsfälle, in denen diese Architektur nicht gewünscht ist, sondern mehrere Module auf einer Steuerung realisiert werden sollen. Gründe dafür können die zusätzlichen Kosten für mehrere Steuerungen, bestehende Anlagenstrukturen, aber auch ein einfacheres Deployment und eine bessere Wartbarkeit des Programmcodes sein. Obwohl die Module auf einer Steuerung implementiert werden, sollen sie der POL weiterhin unabhängig zur Verfügung gestellt werden, um ihr Plug-and-Produce-Verhalten beizubehalten und demnach flexibel der Anlage hinzugefügt oder entfernt werden zu können.

MTP-Hub-basierende Anlagenstruktur
MTP-Hub-basierende Anlagenstruktur

Um dieses Verhalten zu erreichen, wird die Funktionsweise des MTP-Gateways mit dem Ansatz der flexiblen FEAs kombiniert und auf einer Steuerung als MTP-Hub zusammengefasst. Im MTP-Hub wird dazu für jedes anschließbare Modul eine SPS-Laufzeit instanziiert, in der die spezifische Prozesslogik MTP-konform implementiert ist und jeweils eine zugehörige MTP-Datei exportiert wird. Über dedizierte Namensräume im OPC-UA-Server des MTP-Hub und die erzeugten MTP-Dateien kann die POL die einzelnen Module weiterhin unabhängig und flexibel einbinden.

Abgesehen von derselben IP-Adresse der Module gibt es aus Sicht der POL keine Unterschiede zum klassischen Ansatz. Besonders bei vielen kleinen Modulen ist der MTP-Hub daher sowohl wirtschaftlich als auch implementierungstechnisch sinnvoller. Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit, die verschiedenen SPS-Laufzeiten im Echtzeitsystem miteinander zu verschalten, um beispielsweise proprietäre Interlock- oder Safety-Logiken zwischen den Modulen zu realisieren. Eine standardisierte Kommunikation zwischen Modulen ist erst in späteren Blättern der MTP-Richtlinie vorgesehen.

Durch die Verwendung der Kommunikationstechnologien des Ansatzes der flexiblen FEAs können vorprojektierte Module ohne Neukonfiguration während des Betriebs an den MTP-Hub angeschlossen werden. Ebenso wie beim MTP-Gateway können in den MTP-Hub Module ausschließlich mit I/O-Komponenten oder auch mit einer bestehenden Steuerung integriert werden. Auf Anlagenebene lassen sich die aufgezeigten Konzepte selbstverständlich miteinander kombinieren.

PC-based Control als optimale Grundlage

Beckhoff stellt mit seiner PC-basierten Steuerungsarchitektur sowie der nativen Integration des MTP-Konzepts in die TwinCAT-Entwicklungsumgebung eine leistungsfähige und gleichzeitig flexible Plattform bereit, mit der alle aufgezeigten Szenarien umgesetzt werden können. Mit TwinCAT MTP profitiert der Modulentwickler von einem effizienten Workflow, der das erforderliche Richtlinienwissen reduziert und einen MTP-Export bereits vor Programmierung des Moduls ermöglicht. Als Ergebnis lässt sich das Anlagen- bzw. Modul-Engineering parallelisieren sowie die MTP-Datei z. B. als Lastenheft verwenden. Basierend auf der Moduldefinition kann TwinCAT MTP anschließend sowohl einen Großteil des erforderlichen SPS-Programms als auch eine webbasierte Visualisierung automatisch erzeugen.

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