Die Schnittstelle vom Menschen zur Maschine unterliegt zunehmend höheren Anforderungen. Die Maschinenbedienung soll ansprechend aussehen und die Corporate Identity des Unternehmens widerspiegeln. Zusätzlich soll die User Experience verbessert werden, wobei die Inbetriebnahme- und Entwicklungszeiten zu optimieren sind. TwinCAT HMI stellt sich diesen Anforderungen und prägt den Weg für die nächste HMI-Generation.
Beckhoff war einer der ersten HMI-Anbieter, der als Basistechnologie auf HTML5 gesetzt hat, anstatt wie häufig üblich ein plattformabhängiges Framework zu verwenden. Unabhängig vom Betriebssystem kann ein webbasiertes HMI nahezu auf jeder Plattform angezeigt werden. Es wird lediglich ein HTML5-fähiger Browser benötigt. Die Oberfläche kann „responsive“ erstellt werden, damit diese sich der Auflösung und Orientierung des Displays automatisch anpasst – an ein Panel, Tablet oder Smartphone.
TwinCAT HMI (TE2000) zeichnet sich durch die modulare Erweiterbarkeit auf allen Ebenen aus. Über Programmierschnittstellen können applikationsspezifische Controls und Server-Erweiterungen entwickelt werden. Das Produkt erfüllt die gängigen Anforderungen an ein HMI angefangen von Benutzerverwaltung, Meldesystem, Internationalisierung bis hin zur Rezepturverwaltung und Aufzeichnung historischer Daten. Das Produkt unterteilt sich in den HMI Creator, das HMI Framework und den HMI Server.
TwinCAT HMI Creator
Der TwinCAT HMI Creator stellt die Entwicklungsumgebung bereit. Analog zu TwinCAT 3 sind alle Tools in Microsoft Visual Studio® integriert. Effizientes Engineering ist bei der HMI-Entwicklung ein wichtiges Thema. Der HMI Creator verfolgt den gewohnten Ansatz der grafischen Konfiguration von Visual Studio® in .NET/WPF. Das ermöglicht die Entwicklung von HMI-Oberflächen, ohne dass Vorkenntnisse hinsichtlich Webtechnologien benötigt werden. Experten haben aber dennoch vollen Zugriff auf den Projekt-Quellcode und können über die Programmierschnittstellen die spezifischen Anforderungen der Applikation umsetzen. Der HMI Creator stellt die Live-View bereit, um die Applikation im Engineering oder auf dem entsprechenden Zielgerät testen zu können. Das erspart Zeit und es werden hilfreiche Diagnosewerkzeuge des Browsers direkt mitgeliefert. Das gemeinsame Arbeiten im Team ist für die gängigen Source-Code-Control-Systeme wie GIT oder TFS gegeben.
Durch die nahtlose Integration von TwinCAT kann in einer Umgebung die PLC und das HMI entwickelt und getestet werden. Das TwinCAT Automation Interface wird ebenfalls für TwinCAT HMI angeboten, sodass sich das gesamte TwinCAT-Projekt inkl. I/O-Konfiguration, PLC-Code und HMI über eine Programmierschnittstelle (z.B. .NET) automatisiert generieren lässt. Als Paketverwaltungssystem unterstützt TwinCAT HMI Microsoft Nuget. Damit lassen sich Pakete für HMI-Komponenten, wie z. B. Control-Bibliotheken oder Server Extensions, erstellen. Diese können über den offiziellen Nuget-Server von Microsoft oder auf selbstverwalteten Nuget-Servern „on premise“ verteilt werden.
TwinCAT HMI Framework
Beckhoff hat ein eigenes Framework entwickelt, damit die webbasierte Bedienoberfläche auch auf Geräten kleinerer CPU-Leistungsklassen ausgeführt werden kann. Das TwinCAT HMI Framework stellt die Kommunikation zum Entwicklungssystem und Server bereit, liefert eine Programmierschnittstelle für spezifische Anforderungen und eine umfangreiche Control-Bibliothek. Es stehen Standard-Controls zur Verfügung, die für den Einsatz als Maschinenbedienung optimiert sind. Zusätzlich können Controls zur einfachen Anzeige von Multimedia-Inhalten (Video, Audio und Dokumente) sowie Controls für Charts und Trenddarstellung genutzt werden.
Spezifische Controls für TwinCAT und TwinCAT-HMI-Funktionalitäten, wie das Meldesystem bzw. die Rezept- und Benutzerverwaltung, sind ebenfalls enthalten. Das TwinCAT HMI Framework lässt sich um eigene Controls auf Basis von bekannten Webtechnologien wie z. B. HTML, CSS, JavaScript und TypeScript erweitern. Darüber hinaus können User Controls erstellt werden, um bestehende Controls zu kombinieren und um Logik zu erweitern, ohne dass programmiert werden muss. Die Darstellung der Controls lässt sich auch nachträglich über sogenannte Themes anpassen. Es können Grafiken ausgetauscht, CSS-Definitionen angepasst oder spezifische darstellungsrelevante Eigenschaften in einem Theme-Editor im TwinCAT HMI Creator definiert werden. Über eine umfangreiche API kann auf TwinCAT-HMI-Framework- und Server-Funktionen zugegriffen werden. Das HMI Framework kommuniziert mit dem HMI Creator und HMI Server über Websockets. Intervallzeiten und Zugriffsverfahren können auch für den HMI Server individuell gewählt werden.
TwinCAT HMI Server
Um alle erforderlichen Betriebssysteme und Architekturen zu unterstützen, wurde von Beckhoff ein eigener Webserver entwickelt. Der Server lässt sich für die Betriebssysteme Windows, Windows CE und TwinCAT/BSD verwenden und wird für x86/x64- und ARM-Plattformen ausgeliefert. Zusätzlich agiert er als Applikationsserver für HMI- und Scada-Anwendungen. Die Funktionalitäten werden in Server-Erweiterungen bereitgestellt und umfassen die typischen HMI-Anforderungen bzgl. PLC-Datenzugriff, Benutzerverwaltung und Meldesystem. Das Meldesystem des HMI integriert den TwinCAT Eventlogger und kann auf mehreren lokalen und entfernten Systemen die Events auslesen. Die Benutzerverwaltung des HMI Servers basiert auf einem Berechtigungskonzept, wobei die Benutzer zu den jeweiligen Gruppen konfiguriert werden. Zusätzlich bietet der HMI Server die Möglichkeit, über eine LDAP Server Extension die Benutzer zentral bei einem Active Directory anzumelden, damit diese an einer zentralen Stelle unternehmensweit administriert werden können.
Durch die Unterstützung der Protokolle TwinCAT ADS und OPC UA können alle TwinCAT-Geräte und Fremdsysteme einfach an den HMI Server angebunden werden. Benutzer können ihre eigenen Erweiterungen hinzufügen, um benutzerspezifische Prozesse einfach abzubilden. Diese Erweiterungen können über eine umfangreiche .NET-Standard-API auf HMI-Server-Funktionen zugreifen. Neben der Möglichkeit, mehrere HMI Clients und Targets mit dem Server zu verbinden, können auch mehrere HMI Server untereinander Daten austauschen. Die Kommunikation zwischen HMI Server und Framework oder weiteren Servern erfolgt standardmäßig über sichere Websocket-Verbindungen. Darüber hinaus können eigene Zertifikate für die Verschlüsselung hinzugefügt sowie mehrere HMI Server auf einem System gestartet werden, um mehrere HMI-Projekte zentral bereitzustellen.
Ausblick
TwinCAT HMI wird in allen Produktbereichen kontinuierlich weiterentwickelt. So ist effizientes Engineering weiterhin ein wichtiges Thema, um die Entwicklungskosten zu reduzieren. Über den TwinCAT-HMI-Projektgenerator kann nach Auswählen der Vorlagesowie der Konfiguration von Auflösung und Navigationsstruktur das HMI-Projekt erstellt werden. Die Vorlagen wurden von professionellen Designern entworfen. Die Usability konnte dann in Zusammenarbeit mit Applikationsingenieuren und in konkreten Kundenprojekten noch zusätzlich optimiert werden.
Das TwinCAT HMI Framework und dessen API werden auch zukünftig nach Projektanforderungen und Kundenbedürfnissen weiterentwickelt. Die Control-Bibliothek wird ebenfalls mit neuen Controls ausgebaut. Das Thema Diagnose nimmt dabei eine wichtige Rolle ein. Über die EtherCAT-Diagnose kann die Topologie von EtherCAT-Mastern und -Slaves automatisch generiert sowie für Inbetriebnahme und Service genutzt werden. Außerdem wird TwinCAT HMI weitere Komponenten für Beckhoff-Produkte enthalten. So stehen bereits HMI-Komponenten für TwinCAT Analytics, TwinCAT Scope, TwinCAT Speech, TwinCAT Vision und XTS zur Verfügung. HMI-Branchenlösungen für Bühnentechnik, Gebäudeautomation, Kunststoff- und Prozessindustrie sind ebenfalls verfügbar.