Interview mit Heiko Wilke, Senior Produktmanager Embedded-PC bei Beckhoff, über TwinCAT/BSD
Veröffentlichung aus A&D 03/2021, publish-industry Verlag, www.publish-industry.net
Das Interview führte Christian Vilsbeck, A&D.
Mit TwinCAT/BSD stellt Beckhoff seinen Kunden eine leistungsfähige Alternative zu Windows-Betriebssystemen zur Verfügung. Warum der Schritt notwendig wurde und welche Entwicklungen bei der FreeBSD-Variante in Planung sind, erläutert Heiko Wilke, Senior Produktmanager Embedded-PC bei Beckhoff im Gespräch mit A&D.
Wurde FreeBSD aus Security-Sicht notwendig, weil Windows CE und Windows Embedded nicht mehr vertretbar sind?
Heiko Wilke: Da Microsoft seinen Support für Windows CE in absehbarer Zeit einstellt, ist es natürlich wichtig gewesen, ein zukunftsfähiges Nachfolgesystem zu entwickeln. Aus Security-Gesichtspunkten ist ein aktuelles Betriebssystem, das aktiv weiterentwickelt wird, unabdingbar. Daher bieten wir für TwinCAT/BSD langfristig Updates und Support für unsere Geräte, um unseren Kunden Investitionssicherheit zu gewährleisten.
TwinCAT/BSD unterstützt ARMund Intel-Xeon-CPUs. Wird das System mit seinen Vorteilen wie höhere Datenintegrität in den Windows-basierenden IPCs von Beckhoff „wildern“?
Heiko Wilke: Ich denke „wildern“ ist das falsche Wort. Wir bieten TwinCAT/BSD einerseits als Nachfolger für Windows-CE-Systeme an, aber auch als generelle Alternative für Windows-basierte Systeme, falls Kunden dies präferieren. Künftige ARM-basierte Steuerungen von Beckhoff werden beispielsweise nur noch mit TwinCAT/BSD angeboten. Bei x86-64 CPUs hat der Kunde weiterhin die Wahl zwischen Windows und TwinCAT/BSD. Für welches Betriebssystem der Kunde sich letztlich entscheidet bleibt ihm überlassen und hängt auch von der jeweiligen Applikation ab.
Sind für TwinCAT/BSD mittelfristig auch alle Funktionen von MATLAB/Simulink, Motion Control bis Vision verfügbar?
Heiko Wilke: Wir arbeiten derzeit daran, alle sogenannten Runtime-Produkte, wenn technisch möglich, auch auf TwinCAT/BSD zu portieren. Dazu gehört auch MATLAB/Simulink, Motion Control und Vision. Die Engineering-Produkte bleiben natürlich weiterhin nur für Windows verfügbar, da diese in den meisten Fällen in Visual Studio integriert sind, welches nur unter Windows unterstützt wird. Das ist vergleichbar mit den bisherigen Windows-CE-Systemen, bei denen ebenfalls nur Runtime-Funktionen verfügbar sind. Allerdings handelt es sich nun um die vollständige TwinCAT-Runtime, wie sie auch in den großen Windows-Betriebssystemen genutzt wird. Damit ist die Funktionalität vor allem im Hinblick auf Multicore-Support – inklusive der TwinCAT-Funktion Core-Isolation – auf dem gleichen Stand wie Kunden es vom „großen“ Windows gewohnt sind.
Welche nächsten Schritte planen Sie mit TwinCAT/BSD?
Heiko Wilke: TwinCAT/BSD wird als Plattform für Beckhoff weiter ausgebaut. Neben der Portierung der vorhandenen TwinCAT-Runtime-Funktionen werden wir auch neue Funktionen anbieten können. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, Container-Applikationen – beispielsweise Docker Container – parallel zur TwinCAT-Echtzeit laufen zu lassen. Darüber hinaus wollen wir das Gerätemanagement über die bereits vorhandene Website vereinfachen, sodass Kunden Diagnose und Konfiguration eines Geräts lokal oder remote über einen HTML-5-Webbrowser vornehmen können.