EtherCAT- und PC-basierte Steuerung erhöht Präzision und Flexibilität eines Fensterfolien-Auftragssystems
Damit Glasfenster während des Versands und beim Einbau ins Gebäude vor Beschädigung geschützt sind, werden sie bei der Herstellung mit einer PET-Schutzfolie versehen. PDS IG Equipment entwickelte hierfür ein modulares Fensterfolien-Auftragssystem, das mit der offenen Steuerungstechnik von Beckhoff die Anpassung an Kundenanlagen erleichtert. Der Durchsatz liege nun erheblich über dem Branchenstandard und eine erhöhte Datentransparenz biete einen zusätzlichen Mehrwert für den Anlagenbetreiber.
PDS IG Equipment mit Sitz in Prairie du Sac, Wisconsin, wurde 2011 gegründet und bietet eine breite Palette von Maschinen für die Fensterproduktion an. Für das Anbringen von schützenden PET-Folien bei der Herstellung von Fensterglas aller Größen entwickelte PDS IG eine modulare automatisierte Lösung, die laut Michael Rapp, Vizepräsident Vertrieb und Teilhaber von PDS IG, eine hohe Wiederholgenauigkeit, kurze Zykluszeiten und eine zuverlässige Datenerfassung ermöglicht. Hierfür greift PDS IG auf die EtherCAT- und PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff zurück, die das Unternehmen in anderen Bereichen bereits seit Längerem erfolgreich einsetzt.
Hohe Anforderungen an die Präzision
Das entstandene Fensterfolien-Auftragssystem umfasst mehrere Module, beginnend mit einem manuell beladenen Einlaufförderer, der die Isolierglas (IG)-Einheit in das Folienaufbringungsmodul transportiert. Jedes Glas wird genau vermessen. Der Applikationskopf bedeckt dann die Oberfläche in so vielen Durchgängen wie nötig mit PET-Folie in 30 bis 40 cm Breite. Sobald die Folie auf einer Seite aufgetragen ist, wird die IG-Einheit in einer Wendestation horizontal um 180° gedreht und in den zweiten Folienapplikator befördert. Nach dem Abdecken der anderen Seite entlädt ein Bediener oder Roboter das vollständig geschützte Glas.
Als die Ingenieure von PDS IG Anfang 2018 mit der Konstruktion des Systems begannen, wussten sie, dass Echtzeitkommunikation der Schlüssel für die nötige Präzision ist. Der Folienapplikator muss nämlich einen konsistenten „Cutback“ hinterlassen. Das ist ein dünner Streifen an den Rändern, der frei bleiben muss, damit die Folie nach dem Einbau des Fensters in den Rahmen problemlos abgezogen werden kann und mit ihr alle Verschmutzungen, die sich angesammelt haben. „Die Fenstergrößen reichen von ca. 30 x 30 cm bis zu 245 x 355 cm," sagt Steve Polkinghorne, Automatisierungstechniker bei PDS IG. „Unsere Maschine muss aber den Randstreifen über den gesamten Bereich hinweg gleich halten." Neben der genauen Messung erfordert dieses hohe Maß an Präzision eine zuverlässige Antriebssteuerung. Tatsächlich sind 28 Bewegungsachsen erforderlich, um die Fördermodule und die X- und Y-Achsenbewegungen des Folienauftragskopfes richtig zu steuern.
Flexible und offene Automatisierung
In dem Fensterfolien-Auftragssystem setzt PDS IG zahlreiche Beckhoff-Komponenten ein. Als Bedienoberfläche dienen Economy-Einbau-Panel-PCs CP6202 von Beckhoff. Diese Panels sind in kleinen Schaltschränken montiert, die an den Maschinenmodulen aufgehängt sind. „Mit der CP62xx-Serie können wir nicht nur das HMI, sondern auch einen Thin Client betreiben, um die Modularität zu erhöhen“, sagt Steve Polkinghorne. „Je nachdem, wie viele Module verwendet werden, kann sich eine Maschinenlinie, die IG herstellt und Schutzfolie aufbringt, über 30 m lang sein. Mit den Thin Clients können die Benutzer von jedem Panel-PC aus zur Oberfläche jedes einzelnen Maschinenmoduls navigieren.“
Die Maschinensteuerung basiert auf einem Schaltschrank-Industrie-PC C6930 und der Automatisierungssoftware TwinCAT 3 von Beckhoff. Mit der TwinCAT-Funktion Core-Isolation kann PDS IG einzelne Steuerungsfunktionen wie z. B. PLC, Motion Control oder Safety den vier Kernen des Intel®-Core™-i7-Prozessors des C6930 gezielt zuordnen. Laut Polkinghorne ermöglicht der TwinCAT Database Server außerdem das Sammeln von Produktionsinformationen in SQL-Datenbanken, welche die Kunden in Informationen zur Verbesserung der Produktion umwandeln können.
EtherCAT liefert die schnelle, hochdeterministische Kommunikation, welche für die präzise Messung und den exakten Filmauftrag notwendig ist. Insbesondere die digitale Eingangsklemme EL1252 mit eXtreme Fast Control (XFC)-Technologie bietet eine Zeitstempelung mit einer Auflösung von 1 ns. EtherCAT ermöglicht auch die Nutzung der integrierten Sicherheitstechnologie TwinSAFE, um eigene, über TwinCAT 3 programmierte Sicherheitslogiken zu implementieren. Diese können direkt auf TwinSAFE-Komponenten wie z. B. die TwinSAFE-Logic-Klemme EL6900 geladen werden.
Für die 28 Bewegungsachsen der Standardkonfiguration kommen neben den Servoverstärkern der Serie AX5000 die leistungsstarken Servomotoren der Serie AM8000 zum Einsatz, welche über die One Cable Technology (OCT) kostensparend mit Steuerungssignalen und Leistung versorgt werden. Mit den TwinSAFE-Optionskarten AX5805 implementieren die AX5000-Antriebe außerdem antriebsintegrierte Sicherheitsfunktionen wie sicherer Betriebshalt (SOS) und Stopp (SS!, SS2), sichere Geschwindigkeit (SSR, SLS, SSM), sicher begrenzte Position (SLP) sowie sichere Beschleunigung (SMA, SAR) und Drehrichtung (SDlp, SDln).
Hohe Leistungskapazität mit Optionen für die Zukunft
Das Fensterfolien-Auftragssystem von PDS IG erreicht eine hohe Wiederholgenauigkeit und Flexibilität sowie kurze Zykluszeiten. Durch die Hochgeschwindigkeitsmessung mit EtherCAT-XFC-Klemmen weist der Applikator selbst bei den größten Glaseinheiten eine Genauigkeit von +/- 0,32 cm beim Randbeschnitt auf. „Wenn diese Folie auf ein 213 oder 244 cm langes Fenster aufgebracht wird, ist diese Beständigkeit bemerkenswert, besonders wenn man bedenkt, wie dehnbar die Folie ist", erläutert Michael Rapp.
Obwohl die Glasabmessungen von Stück zu Stück variieren, verdoppelt die PDS-IG-Lösung laut Michael Rapp in etwa die Leistung, die mit anderen Systemen auf dem Markt möglich ist. „Unsere Zykluszeiten betragen im Durchschnitt 25 bis 30 s pro Fenster, sodass der Durchsatz für eine Acht-Stunden-Schicht etwa 1.000 bis 1.200 IG-Einheiten beträgt – im Vergleich zu anderen in der Branche, die in der gleichen Zeit 500 bis 600 Stück produzieren,” resümiert Michael Rapp. „Durch die flexible und skalierbare Technologie könnten wir unserem System auch noch weitere Module hinzufügen und so den Durchsatz pro Schicht auf 2.000 IG-Einheiten erhöhen – selbst wenn jede Einheit eine andere Artikelnummer hat.“