Durchgängige Prozessautomation und Datentransparenz mit EtherCAT und PC-based Control
Schon seit 1958 stellt Pépin Industries Ltd. in Kanada Industrielacke her. Beim Umzug von Pépin in ein größeres Werk setzte Systemintegrator Centris Technologies auf die offene Steuerungstechnik von Beckhoff, um die traditionelle Produktion zu automatisieren. Sie ermöglicht eine durchgängige Kommunikation von der Feldebene bis zur IT und stellt so maximale Transparenz in den Abläufen sicher.
Industrielacke sind essenziell für Geräte, die in rauen Umgebungen eingesetzt werden – von kleinen Luftkompressoren bis hin zu schweren Maschinen. Qualität und Konsistenz der Lacke wirken sich direkt u. a. auf den Oberflächenschutz und das Branding aus. Das Traditionsunternehmen Pépin ist auf die Herstellung lösungsmittelbasierter Industrielacke mit besonders kurzen Durchlaufzeiten spezialisiert. Die Chargen mögen im Branchenvergleich eher klein sein – in der Regel mehrere hundert Gallonen (1 kanadische Gallone ≈ 4,5 l) –, aber dieser Ansatz ermöglicht den Kunden, genau entsprechend ihres Bedarfs zu bestellen.
In der Vergangenheit schränkten jedoch manuelle Prozesse die Rückverfolgbarkeit von Aufträgen, die Effizienz des Personals und damit auch die Skalierbarkeit des Unternehmens ein. Als Pépin den Umzug in ein neues Werk in Cowansville, Quebec, plante, wandte sich das Familienunternehmen an Centris Technologies, um die traditionellen Betriebsabläufe mithilfe innovativer Automatisierungslösungen digital zu transformieren. Seit der Modernisierung eines Lackwerks im Jahr 2010 hatte sich der Systemintegrator aus Montreal bereits einen Namen in diesem Markt gemacht. „Im Laufe der Jahre haben wir unsere Smart-Factory-Dienstleistungen um Automatisierungs- und Steuerungstechnik, Industriesoftware wie MES oder SCADA sowie ERP-Anbindung und Webservice-Integration erweitert“, sagt Eric Thibaudeau, Co-President von Centris.
PC-based Control steigert Produktionseffizienz
Mit dem Technologie-Update sollten die Genauigkeit und Transparenz sowie der Durchsatz der Produktion erhöht werden. Laut Hélène Daigle, Produktions- und Laborleiterin bei Pépin, gab es in diesen Bereichen vor der Implementierung anhaltende Probleme: „In der Vergangenheit war es aufgrund unserer stark manuell geprägten Prozesse schwierig, alle Vorgänge in der Produktion zu überwachen. Die Bediener hatten zwar Arbeitsaufträge, aber es war schlecht überprüfbar, wie genau sie sich an die vorgegebenen Schritte und Mengen der Zutaten während des Mischvorgangs hielten.“ Dies führte dazu, dass Chargen die Qualitätskontrolle nicht bestanden haben und entweder nachbearbeitet oder wegen falscher Farbgebung, falscher Zutaten oder Verunreinigungen verworfen werden mussten. Da es keine digitalen Aufzeichnungen gab, war es schwierig, die Ursachen für die Probleme zu ermitteln und sie zu beheben. An dieser Stelle kam Centris ins Spiel. Das Ingenieursteam nutzt seine Expertise in den Bereichen IT und Automatisierungstechnik, um moderne Konzepte wie z. B. verbesserte Rückverfolgbarkeit, Maschinenüberwachung oder vorausschauende Wartung zu implementieren.
Bei der Herstellung von Farben und Lacken gelten außerdem besondere Anforderungen an die Maschinensteuerung und Datenerfassung aufgrund der Explosionsgefahr durch die Chemikalien. Zu Steuerungszwecken setzte Centris zwar bereits seit Längerem Industrie-PCs ein, hatte mit seinem früheren Anbieter jedoch Probleme aufgrund veralteter Controller, schwankender Leistung und mangelnder Interoperabilität. Seit eines ersten erfolgreichen Projekts mit Beckhoff Kanada nutzte Centris daher die PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff, und die Pépin-Applikation war keine Ausnahme. „Centris bietet eine Mischung aus traditioneller Systemintegration und IT-Lösungen, da lag es nahe für sie, mit Beckhoff zu arbeiten“, sagt Ted Sarazin, regionaler Vertriebsleiter bei Beckhoff Kanada.
Optimiertes Mischen mit Automatisierungstechnik
Die neue Produktionsanlage von Pépin verfügt über sechs große Tanks für die gängigsten Lackbestandteile und zusätzliche Behälter für verschiedene andere Stoffe, darunter Additive, Harze und Sande. Das System befördert die Materialien aus den Tanks und Behältern automatisch zur richtigen Mischstation und füllt die Behälter aus eingehenden Lieferungen wieder auf. Das System steuert dabei Temperatur und Druck, überwacht den Füllstand der Inhaltsstoffe und andere Faktoren. So wird sichergestellt, dass alle Zutaten in ausreichender Menge vorhanden sind und sie während des Transfers ausreichend fließfähig bleiben. In der Vergangenheit mussten die Bediener große Fässer bewegen und die Zutaten vor dem Mischen von Hand abmessen, aber nun starten und steuern sie die Prozesse direkt von einem Mixer aus. Tablets – als Handheld oder am Arbeitsplatz montiert – bieten jederzeit den einfachen Zugriff auf die Steuerung sowie auf Informationen und Alarmmeldungen.
Als zentrale Steuerung dient ein Ultra-Kompakt-Industrie-PC C6030. „Die Beckhoff Industrie-PCs sind sehr leistungsfähig und bieten schnelle Zykluszeiten“, sagt Marc-André Duguay, Industriesoftware-Entwickler bei Centris. „Der Zugriff auf die Daten ist einfach und die Programmierung sowie Fehlersuche gestalten sich mit der Software TwinCAT unkompliziert, insbesondere mit Structured Text.“
Die Offenheit und Konnektivität der PC-basierten Steuerung von Beckhoff ermöglicht die Kommunikation mit dem von Centris entwickelten SCADA-System über OPC UA. Außerdem vereinfacht sie die Integration des lokalen Anlagennetzwerks über TCP/IP für die Kommunikation zwischen der Steuerung und den Tablets. Das weiter ausgebaute ERP-System wird auch zukünftig von der Konvergenz von IT und AT profitieren.
Effiziente Vernetzung mit EtherCAT auch im Ex-Bereich
EtherCAT sorgt für die durchgängige Kommunikation in der Feldebene. Die EtherCAT-Klemmen der Serie ELX von Beckhoff lassen sich hierbei im gleichen Segment mit Standard-I/Os einsetzen und ermöglichen so hochkompakt den direkten Feldgeräteanschluss bis in Ex-Zone 0. Dadurch entfällt der Kosten- und Arbeitsaufwand für die im traditionellen Explosionsschutz notwendigen speziellen Gehäuse und Sicherheitsbarrieren.
„EtherCAT ist zudem sehr einfach zu konfigurieren: Wir schließen die I/Os nur an, klicken auf ‚Scan' und schon findet TwinCAT alle Teilnehmer“, erklärt Marc-André Duguay. Neben den ELX-Klemmen werden zahlreiche andere EtherCAT-Klemmen in Schutzart IP20 von Beckhoff eingesetzt, so auch die TwinSAFE-Klemmen für integrierte funktionale Sicherheit. Abgesetzte, über EtherCAT-Koppler EK1100 angeschlossene Segmente kommunizieren mit den Pneumatikventilen, großen Kompressoren, regelbaren Antrieben von Farbmischern und anderen Geräten. EtherCAT unterstützt die freie Wahl der Topologie, einschließlich Linie, Stern und Baum. Insbesondere die Ringtopologie sei wichtig, denn sie biete die notwendige Kabelredundanz für das Centris-System, so der Softwareentwickler.
Darüber hinaus vereinfacht EtherCAT die herstellerunabhängige Kommunikation. Hierfür stellt Beckhoff Gateways und Buskoppler zu mehr als 30 verbreiteten Kommunikationsprotokollen zur Verfügung. So bindet z. B. der Ethernet-Switch CU2016 mit 16 Ports die Waagen zur Rohstoffabmessung über EtherNet/IP problemlos ein. TwinCAT ermöglicht zudem die Kommunikation über BACnet mit der Gaswarn- und Lüftungsanlage. Durch die einfache Integration von Gebäude- und Industrieautomation kann der Kunde außerdem alle Lüftungsinformationen im SCADA-System sehen, erklärt Marc-André Duguay: „Wenn chemische Dämpfe eine bestimmte Konzentration erreichen, ist das sehr gefährlich. Die Anlage verfügt zwar über Alarme für den Schutz der Bediener, aber die Visualisierung liefert zusätzlich wichtige Informationen.“
Kombination von Automation und IT zahlt sich aus
Nach der digitalen Transformation bei Pépin stieg der Durchsatz um mehr als 150 %. „Mit dem neuen System konnten wir die Produktion von acht auf zwölf Chargen pro Tag steigern – an manchen Tagen sogar auf 15 – und unsere durchschnittliche Chargengröße stieg von 180 Gallonen auf 300 Gallonen“, berichtet Werksleiter Francis Pépin.
Der Hersteller von Industrielacken erreichte eine größere Datentransparenz und konnte so die Produktionsplanung sowie die Analyse und Verbesserung von Prozessen auf der Grundlage aussagekräftiger Informationen optimieren. Durch die höhere Genauigkeit konnten die Nacharbeitung und der entsprechende Materialverbrauch erheblich reduziert werden. „Dank der besseren Kontrolle über den Produktionsprozess konnten wir die Anzahl der Chargen, die nachbearbeitet werden müssen, von zwei bis drei pro Monat auf eine pro Quartal senken“, bestätigt Hélène Daigle. „Unsere Mitarbeiter verbringen weniger Zeit damit, im Lager nach Rohmaterial zu suchen, da die meisten Zutaten für eine Charge entweder vorgewogen sind oder aus dem automatischen System stammen.“
Laut Centris verbessert der Einsatz der PC- und EtherCAT-basierten Automatisierung die Effizienz des Teams in einer Vielzahl von Projekten. Seit der Umstellung auf Beckhoff-Technik haben sich die Inbetriebnahmezeiten verkürzt, selbst bei komplexen Systemen. „Es ist beruhigend, Beckhoff als unseren Hauptpartner für die Steuerungsplattform zu haben, denn dieser Vorreiter der Automatisierungstechnik entwickelt sein Technologieangebot ständig weiter“, so Michel Kakos, einer der Gründer von Centris.