PC-based Control für die wetterunabhängige Montage von Windenergieanlagen
Die Branche spricht, so das dänische Unternehmen Seasight Solutions, von einem „Game Changer“ bei der Montage von Windenergieanlagen: Mit mannshohen Propellern werden Windlasten ausgeglichen und die Rotorblätter exakt auf Position zur Nabe gehalten. So können auch an stürmischen Tagen die gewaltigen Komponenten ohne Zugseile sicher und schnell montiert werden. Erforderlich ist dafür ein ausgefeiltes Regelungskonzept und echtzeitfähige Automatisierungstechnik, in diesem Fall PC-based Control von Beckhoff.
Windenergieanlagen (WEA) werden immer höher, Rotorblätter immer länger und es sind zunehmend mehr Anlagen zu installieren. Daher ist eine schnelle und sichere Installation wichtig, ganz gleich, woher und wie stark der Wind weht oder ob die WEA in der Nähe eines Sees oder mitten im Wald aufzustellen sind. „Heutzutage werden die Rotorblätter hauptsächlich noch mit Taglines während des Anhebens vom Boden aus stabilisiert“, sagt Mads Susgaad, Leiter Automatisierungstechnik der dänischen Werft Hvide Sande Shipyard A/S. Das Problem: An solchen Standorten lassen sich die klassischen Installationshilfen nur schwer nutzen. Und oft macht schlechtes Wetter die Zeitplanung zunichte.
Seasight Solutions A/S, eine Ausgründung der Werft Hvide Sande Shipyard, hat diese Probleme mit dem Autonoumus Positioning System (APS) gelöst, das zusammen mit dem Windenergieanlagenhersteller Vestas Wind System A/S entwickelt wurde. „Mit Propellern stabilisieren wir den Auftrieb der Flügel und gewährleisten so das sichere Anheben und eine stabile Positionierung", betont Mads Susgaad.
Rotorblätter halten präzise ihre Position
Egal wie kalt oder heiß es ist, ob es stürmt oder in welchem Gelände die Rotorblätter zur Gondel hochgezogen werden, APS stabilisiert diese quasi per Autopilot und mit definierten Ein- und Ausschaltpunkten. „Normalerweise würde man für diese Aufgabe eine maßgeschneiderte Elektronik verwenden“, so der Automatisierungsexperte, „aber mit TwinCAT und PC-based Control können wir die Software bei Bedarf blitzschnell ändern und bleiben somit flexibel.“ Die Steuerung protokolliert kontinuierlich alle Daten, die das Regelungssystem dann zur Navigation nutzt. Das Ergebnis ist beeindruckend: Selbst bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 14 m/s (Windstärke 6) steht das Rotorblatt stabil und präzise im Wind. Dadurch wird der Kran zum limitierenden Faktor, dessen Sicherheitsgrenze in der Regel bei 12 m/s liegt. Das erhöht die Anzahl möglicher Arbeitstage um bis zu 50 %, weil schlechte Sicht und zu starker Wind kein Hindernis mehr sind. „Das bedeutet eine große Zeit- und Kostenersparnis für Windenergieunternehmen", zeigt Mads Susgaad den enormen Nutzen von APS auf.
Das patentierte System wurde mit 85 m langen Rotorblättern getestet, lässt sich aber auf solche mit einer Länge von knapp über 100 m skalieren. Die Lösung wurde auch in schwierigem Gelände in Nordnorwegen und Nordfinnland getestet, wo Kälte und die Topologie des Geländes eine Herausforderung bei der Installation darstellen. Inzwischen wurden weit über 1.000 Komponenten mit APS an ihren Bestimmungsort gehievt und montiert.
Flexibel und performant mit PC-basierter Steuerung
Seasight Solutions stellt alles selbst her – vom Propeller bis zur Software – und setzt dabei auf Beckhoff Automatisierungstechnik. Herzstück der Lösung sind leistungsfähige Industrie-PCs und die Software TwinCAT, die für Genauigkeit und Stabilität sorgen. Denn es braucht eine hohe Rechen- und Verarbeitungsleistung, um die Position der Rotorblätter blitzschnell zu berechnen und über die Propeller bzw. deren Motordrehzahl korrigierend einzugreifen. „Das Beeindruckende an dem Steuerungssystem ist, dass die SPS die Position des APS in Echtzeit schätzt,“ so Mads Susgaad. Konkret: mit über 1 kHz Frequenz. Anhand dieser Abtastungen werden die Drehzahlen der Propeller geregelt. Dazu Mads Susgaad: „Als wir die ersten Prototypen herstellten, waren uns keine Grenzen hinsichtlich Performance gesetzt, um die für die Positionsregelung notwendigen kurzen Zykluszeiten zu erhalten." Als optimale Rechner haben sich Ultra-Kompakt-Industrie-PCs wie der C6015 herauskristallisiert.
Für aktuelle und zukünftige Automatisierungsaufgaben ist für Seasight Solutions standardisierte, benutzerfreundliche Software entscheidend. „TwinCAT ist die Software unserer Wahl für die Programmierung und Echtzeitsteuerung. Wenn unsere Kunden eine maßgeschneiderte Hightech-Lösung bei uns bestellen, verpflichten wir uns gleichzeitig, die Leistung zu überwachen und im Rahmen mehrjähriger Kooperationsverträge kontinuierlich zu optimieren“, so der Automatisierungsfachmann. Dazu braucht es einen 24/7-Support über regionale Service-Partner und eine zuverlässige Fernwartung. Schließlich werden Windturbinen sehr oft an Standorten weit ab vom nächsten Servicestützpunkt installiert. „Um sicherzustellen, dass das APS funktioniert und den Betreibern hilft, ihre engen Zeitpläne einzuhalten und kostspielige Verzögerungen zu vermeiden, braucht es eine stabile Diagnose-Software und Anbindung an das Supportzentrum in Dänemark und an die verschiedenen Serviceteams", sagt Mads Susgaad.
Bislang hat das Unternehmen 25 APS weltweit im Einsatz; in Europa, den USA, Australien, Afrika und Vietnam. Ziel ist es, 50 Einheiten pro Jahr zu verkaufen. Auch andere Branchen können profitieren. Denn APS kann ebenso Hebebehälter, Bauelemente oder Betonfertigteile präzise auf Position halten. „Wir haben große Erwartungen an APS – sowohl lokal als auch global, innerhalb und außerhalb der Windbranche", schließt Mads Susgaad.